Stress

Die nächste Woche ist angebrochen. Nach einem kurzen Zwischenstopp in heimischen Gefilden, bin ich zurück in der Hansestadt und stürze mich direkt nach der Ankunft in die Arbeit im Löwen. Dankenswerterweise hatte Mario das Mis en Place schon übernommen und so musste ich nur noch flink im gegenüberliegenden Café Paris frisch gebackene Baguettes holen, die für die Kanapees verwendet werden. Eine schöne Situation immer wieder. Man kommt schön schick angezogen ins Café, läuft nach hinten, um den Laden nur kurze Zeit später mit ein paar Baguettes unterm Arm, die noch warm sind, zu verlassen. Gäste, denen dies auffällt, schauen schon etwas irritiert.

Zurück im Löwen wies mir Herr Kappes meine Aufgaben für diesen Tag zu: „Du machst Tür, Floor und Küche und ich mache Drinks!“ Oha, das heißt übersetzt, dass ich die Gäste begrüße, die Garderobe weghänge, Wasser bringe, Bestellungen aufnehmen, Drinks bringe, Wasser nachschenke, neue Drinks bringe, abräume, spüle, Kanapees mache. Schon allein der Gedanke daran setzte mich leicht unter Stress. Aber zum Glück fing es langsam an und die ersten Gäste kamen herein. Ganz locker anfangen, das wird schon. Dann kam gleich eine Vierergruppe rein und schon waren 6 Gäste da und später dann nochmal 2. Es war so voll – ich war wie unter Strom.

Hierhin laufen, da platzieren, dann Wasser, nach der Karte fragen, Drinks bringen. Gleichzeitig die Küche in Ordnung halten, 12 Kanapees machen und die benutzten Shaker und Rührgläser von Mario wegspülen. Objektiv betrachtet wirklich nicht viel, aber mich hat das schon gestresst. Mario hat mir dann mal in einer ruhigen Minute, die wir genug hatten, ich aber nicht wahrnehmen konnte, ein paar Tricks und Tipps zur eigenen Organisation gezeigt und schon mit diesen wenigen Handgriffen ging es viel leichter und einfacher die Übersicht zu behalten und vor allem die Küche in Ordnung zu halten, bzw. die Unordnung einfach in geordnete Bahnen laufen zu lassen.

Langsam stellte sich Entspannung ein. Die Gäste im Löwen sind sehr entspannt und außerordentlich freundlich. Sie freuen sich über die angebotene Hilfe und bestellen gern den einen oder anderen Drink und lassen sich auch gern beraten. Ich muss mich wohl noch ein bisschen eingewöhnen, dann wird mir vieles viel leichter fallen und ich auch entspannt durch den Löwen laufen, ohne, dass Herr Kappes hinter dem Tresen lachen muss, weil Du total verkrampft und steif da rumtanzt. Bloß, weil ich gerade stehe, wenn ich mich im Gastraum bewege und nicht eine der Schwerkraft folgende entspannte Haltung einnehme…

Leider verließen uns die letzten Gäste schon sehr früh (noch vor halb 2 Uhr war es wieder leer im Löwen), aber so konnten wir schon langsam mit dem Abbau, spülen und Eis auffüllen beginnen. Da genug Zeit war, konnten wir auch schon das komplette Mis en Place für den nächsten Tag machen und uns so etwas Zeit kaufen, die wir entspannter später kommen konnten. Zitronen pressen, Müll wegbringen, Küche aufbauen, Früchte an die Bar räumen und die Eiswannen füllen und schon ist das Le Lion wieder einsatzfähig. Aber selbst wenn so früh nichts mehr los ist, bis 3 Uhr sieht es für neu eintreffende Gäste immer so aus, als sei alles bereit für sie Drinks zu machen und man bemerkt nichts, dass schon so langsam der Feierabend eingeläutet wird.

Der Feierabenddrink war an diesem Abend nicht das sonst übliche Bier, sondern für mich aus einigen Tropfen eines fantastischen Rums. Als großer Freund des Zacapa XO und 23 überwältigte mich der Zaya geradezu. So voll und komplex im Geschmack – es war eine Freude die Zunge damit zu benetzen. Herr Kappes sagte sehr treffend: Das ist fast wie ein Old Fashioned in der Flasche. Wer zufällig mal eine Hand an eine solche Flasche bekommen sollte, der greife zu und bringe mir am Besten auch gleich eine mit. Leider wird der zurzeit nicht in Deutschland verkauft.

Musik beim Tippen: Eric Burdon & Brian Auger Band – Access All Areas/Live

2 Gedanken zu „Stress

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