Die erste Nacht im Löwen

Genug Vorgeschichte, jetzt geht es endlich los mit den geheimen Geschichten aus dem Löwen. Herr Meyer hatte mir gedroht, dass dadurch, dass ich hinter die Kulissen des Löwen schauen würde, ein bisschen der Zauber verschwinden würde, denn dahinter sei es nicht so wie vorne.

Als ich um 18Uhr angekommen bin, war Mario Kappes schon da und öffnete mir nach kurzem Klingeln die Tür. Drinnen war das Le Lion im Putzlicht und sah … so aus wie immer. Bei genauem Hinsehen fiel mir auf, dass es heller war als sonst. Aber was ganz anders war ist, dass Herr Kappes keinen Anzug trug sondern Jeans und T-Shirt. Und ich dachte, dass er sogar im Anzug schlafen würde :-)

Das Mis en Place war schon fast fertig und so hatten wir Zeit, dass er mich dahinter herumführen konnte. Als erstes sind wir in die geheimen Katakomben hinabgestiegen und haben den Vorratskeller angesehen. Le Lion Style, zwar keine Tapeten an den Wänden und auch der Teppichboden fehlt, aber sehr aufgeräumt und wirklich gut sortiert. So sollte es mal bei mir zu Hause aussehen. Die Befürchtung, dass irgendjemand das Le Lion leer trinken könnte, hat Mario gut wiederlegen können. Der für mich prall gefüllte Alkoholvorrat sei fast leer und über den Sommer deutlich ausgedünnt. So nennt man das also, wenn so viel Gin da ist, dass Herr Meyer fast darin baden könnte. Wer weiß – vielleicht macht er das?

Nach einem kurzen Rundgang durch die Küche, in der ich einen Teil des Abends verbringen würde, erschien Jörg Meyer im Laden und wir wurden vor Dienstbeginn zum Abendessen eingeladen. Zurück im Löwen, durfte ich im Keller erst einmal die leeren Flaschen sortieren. Cola zu Cola und Perrier zu Perrier – sehr gut, das bekomm ich schonmal hin. Umziehen und dann ging es oben los.

Im Anzug arbeiten ist schon etwas Feines. Mir geht es jedenfalls so, dass ich gleich etwas gerade stehe und alles hat eine gewisse Eleganz. Im Anzug Zitronen zu pressen, ist hingegen nicht ganz so praktisch. Nachdem ich einige gepresst hatte, kam Herr Meyer in die Küche und erklärte mir, dass ich die Zitronen falsch pressen würde. Die Zitronen falsch pressen? Ich hatte sie weder falsch rum eingelegt noch den Saft auf die Arbeitsplatte laufen lassen. Torben Bornhöft, der mittlerweile auch erschienen war und in zivil meinen ersten Abend erleben wollte, lachte sich kaputt, weil er wohl wusste, was jetzt kommen würde. Es folgte ein gefühlt dreistündiger Vortrag, dass man Zitronen nicht zu fest pressen dürfte, weil sonst die bitteren Öle aus der Schale im Saft landen würden und das möchte man ja nicht. Meyer schrieb dazu einen Beitrag in seinem Blog.

Die ersten Gäste trafen ein und Torben erklärte mir die Abläufe in der Küche und in der Bar im Allgemeinen, Brot holen nebenan im Cafe de Paris inklusive. Mit mal eben in Zivil zurücklehnen und schauen, wie die anderen aufgeregt umherlaufen wurde es nichts. Denn kurze Zeit später kam die erste Bestellung für eine „Käseauswahl“ rein. Also 2 Teller nehmen, Schälchen drauf, Käse auf den einen und Preiselbeeren und Feigensenf in die Schälchen, Brot dazu, Obst dazu (wo sind eigentlich die Weintrauben?) und raus damit. Servieren an den Tisch da hinten in der Ecke (die Tischnummern erklär ich Dir später). Es sprach sich wohl rum, dass die Käseauswahl sehr gut sei, denn wir durften noch weitere machen und dazu noch einige „Häppchen“. Am nächsten Tag sollte ich den Spitznamen Cheesebert erhalten.

Shaker und Strainer hinter der Bar abholen und Spülen, dann alles wieder zurück bringen, so ging es weiter. Irgendwie war es schon etwas stressig für mich und ich war sehr froh, dass Torben da war und ich ihn fragen konnte. Später habe ich dann auch den Gästen die Tür geöffnet und versucht sie zu platzieren und das erste Wasser gebracht. Dass man dabei direkt nach dem ersten Drinks fragt oder die Karte anbietet, wurde mir glücklicherweise auch gleich erklärt. So oft war ich dann doch noch nicht im Löwen, dass ich das schon wusste.

Die erste Bestellung, die ich entgegennehmen durfte waren zwei Prince of Wales Cocktails. Langsam wurde ich routinierte, schenkte Wasser aus und räumte auch die Tische ab, wenn ich das nicht übersah und Herr Kappes mich freundlich darauf aufmerksam machte, ob ich nicht auch Tisch 30 mal leerräumen möchte.

Einen Gast, der mehrfach zum Rauchen draußen gewesen war begrüßte ich jedes Mal, als wäre er neu gekommen. Zum Glück nahm er es mir nicht übel, schien aber etwas belustigt. Ja, ich habe es dann auch gemerkt… Am Ende des Abends hatte sich in der Küche eine ordentliche Menge Gläser gesammelt, die alle gespült und poliert werden wollten und in meinem Kopf sammelte sich eine erkältungsbedingte Migräne. Keine gute Kombination. So habe ich mich langsam und gemächlich durch alles Geschirr gekämpft und am Ende sah die Küche wieder sehr schön aus.

So ging der erste Abend im Löwen zu Ende und ich war sehr froh und erschöpft, spät am Abend zu Hause in mein Bett zu fallen und zu schlafen.

3 Gedanken zu „Die erste Nacht im Löwen

  1. Ich lese Deine Beschreibungen mit Begeisterung. Aber könntest Du mir mal einen Gefallen tun und ein paar Fotos von der Bar machen. Ich kann mir, wie bestimmt auch einige andere die noch nicht da waren, das Umfeld noch nicht so richtig vorstellen.
    Das wäre super. Am schönsten wäre es, wenn Du jemand anders heimlich Fotos von Dir machen lassen könntest und dann hier den jeweiligen Beiträgen zuordnest. “Stefan beim falschen Zitronenpressen” usw ;-)

  2. Sehr schön Herr Gisbert,
    trotz Migräne weitergemacht. Ohne Ausreden durch den ersten Tag. Ich sage mal Respekt!! Alles sehr interessant.
    Weiter so. Bin auch bald mal wieder Gast. Käseauswahl ist gebucht + Green Point. Ich freu mich.

    P.S.: Bist natürlich gleich auf unserer Blogroll auf dem Bartender-lab gelandet.
    Sollen ja alle Lesen was du machst!

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